Der Kampf mit der Kellnerin

Nach ewigen Zeiten komme ich mal wieder dazu, eine kleine Übung zu machen. Und zwar diese hier:

Wechselgeld für deinen Prota

Alisha schaute auf. „Ähm, Entschuldigung?“
Die Kellnerin kam zum Tisch zurück. „Ja?“
„Es war sicher ein Versehen, aber Sie haben mir nur elf Euro wiedergegeben.“
„Und? Du hast doch neun gesagt.“
„Ja, sicher.“ Es ärgerte Alisha, dass die Kellnerin, die selbst kaum die zwanzig Jahre erreicht haben konnte, sie ungefragt duzte. Allerdings schätzte sie niemand, der sie nicht kannte, auf sechzehn. Bei Weitem nicht. „Ich habe Ihnen aber einen Fünfzigeuroschein gegeben.“
„Oh, da täuschst du dich. Es war ein Zwanziger.“ Die Kellnerin lächelte sie an, strich sich die blond gefärbten Strähnen aus dem Gesicht und wandte sich zum Gehen.
„Ich bin sicher, dass es ein Fünfziger war, weil ich mir vorgenommen hatte, ihn klein zu machen.“
„Kindchen“, sie drehte sich nicht einmal vollständig zu Alisha um und klang, als traue sie so einer kleinen Rotzgöre gar nicht zu, überhaupt so viel Geld zu besitzen, „das mag ja sein, gegeben hast du mir aber einen Zwanziger. Also, ich habe noch andere Gäste.“
„Ich bin kein Kindchen.“ Sie flüsterte es nur, sodass sie fast sicher war, dass die blöde Kuh es gar nicht gehört hatte. „Vielleicht könnten Sie mal nachschauen?“
„Hör zu, ich weiß zufällig genau, dass ich meinen letzten Fünfziger gerade vorher rausgegeben habe.“
„Okay, dann dürfte es doch kein Problem sein, mir das zu beweisen.“ Alisha ärgerte sich jetzt noch mehr, auch wenn die Kellnerin das vermutlich nicht einmal ahnte. Aber Alisha wusste ja selber nicht, ob es vor allem ihr arrogantes Gegenüber oder doch ihr eigenes Zittern war, das sie wütend machte.
Die Kellnerin zögerte. Wurde sie endlich unsicher? Oder wollte sie sich nur von Alisha nicht sagen lassen, was sie zu tun oder zu lassen hatte? „Also gut, aber dann gibst du endlich Ruhe! Verstanden?“
Noch bevor sie sich bewusst machte, wie anmaßend dieser Befehl war, nickte Alisha.
Die Kellnerin öffnete ihre große Geldbörse und hielt sie Alisha hin, ohne selbst einen prüfenden Blick hineinzuwerfen. Das war auch nicht notwendig, wie Alisha mit Schrecken feststellte. Sofort standen ihr Schweißperlen auf der Stirn. Sie konnte nichts sagen, riss ihr eigenes Portemonnaie an sich. Aus dem Scheinfach grinste sie ihr Fünfziger an.
„Entschuldigung! Es tut mir so leid! Bitte, ich bin so blöd! Ich wollte sie nicht beleidigen, das müssen …“
„Nicht schlimm, Kleine, ist mir auch schon passiert.“ Die Kellnerin lächelte Alisha in Grund und Boden.

Werbung
Dieser Beitrag wurde unter Ben Philipp, Schreibübungen abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s